top of page

ABGB - Was?

Updated: Jun 19




Die Geschichte des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches

Der Grundstein unserer zivilen Gesetze


Was ist das ABGB überhaupt?

Das ABGB (Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch) ist das wichtigste Gesetzbuch im allgemeinen Zivilrecht. Dort steht (fast) alles über rechtliche Beziehungen zwischen Personen: Verträge, Schadenersatzrecht, Erbrecht, Familienrecht, …

Zu unterscheiden ist das Zivilrecht also vom öffentlichen Recht, welches rechtliche Beziehungen zwischen Personen und dem Staat regelt: Verfassungsrecht, Baugenehmigungen, Hochschulrecht, Gewerberecht, …

Ergänzt wird das ABGB durch viele andere zivilrechtliche Gesetze, welche etwa günstige Sonderregeln für Konsumenten[1] enthalten oder Schadenersatzregeln für gefährliche Tätigkeiten (zB Autofahren) verschärfen.

 

Seit wann gibt es das ABGB?

Nach einer langen Planungsphase und vielen Überarbeitungen wurde das ABGB am 1.6.1811 publiziert. Somit ist heute der 213. „Geburtstag“ des ABGB. Genau sechs Monate später, am 1.1.1812, trat es in (fast) allen Ländern der österreichischen Monarchie in Kraft.

Einige Paragrafen – besonders im Sachenrecht – wurden bis heute nicht geändert. Dementsprechend veraltet ist oft die Sprache im ABGB. Ebenso sind viele Bestimmungen dieses Gesetzes aus modernerer juristischer Sicht unklug formuliert, so sind sie etwa oft für juristische Laien unverständlich oder auch für Juristen schlecht bzw. nur mit etwas „juristischer Fantasie“[2] interpretierbar: Zur Zeit der Entstehung des ABGB war die Rechtswissenschaft weit entfernt von ihrem heutigen Wissensstand. Damals war schon die Existenz eines für ganz Österreich geltenden Zivilgesetzbuchs revolutionär; die Kunst des Verfassens von verständlichen, rechtssicheren und aus heutiger Sicht guten Gesetzestexten hatte man damals (und noch für lange Zeit) nicht gemeistert.  Dies trifft auch oft auf novellierte Paragrafen zu, zumal aufgrund des hohen Alters des ABGB auch „neuere“ Gesetzesbestimmungen über 100 Jahre alt sein können.

Als schönes Beispiel für die über 200 Jahre alte Sprache des ABGB dienen die folgenden Paragrafen. Obwohl sie einen der wichtigsten Begriffe des Zivilrechts – das Eigentum – definieren, sind bis heute unverändert geblieben. In Sachen Grammatik und Rechtschreibung sind sie nicht auf dem heutigen Stand. Weiters hätte sich der ein heutiger Gesetzgeber bei dieser wichtigen Definition wohl etwas klarer, laienfreundlicher und detailorientierter ausgedrückt als Franz von Zeiller und sein Team im frühen 19. Jahrhundert:

Zweytes Hauptstück.Von dem Eigenthumsrechte.

Begriff des Eigenthumes;

Eigenthum im objectiven Sinne.

§ 353 Alles, was jemanden zugehöret, alle seine körperlichen und unkörperlichen Sachen, heißen sein Eigenthum.

im subjectiven.

§ 354 Als ein Recht betrachtet, ist Eigenthum das Befugniß, mit der Substanz und den Nutzungen einer Sache nach Willkühr zu schalten, und jeden Andern davon auszuschließen.

 

Am Zivilrechtsinstitut der Uni Graz läuft ein Projekt zur sprachlichen Aufbesserung des ABGB, um die eben genannten Probleme zu lösen.

Trotz seiner Schwächen ist und bleibt das ABGB die unerschütterliche Grundlage für alle Bereiche des Zivilrechts in Österreich: Hinter Napoleons Code Civil ist es das älteste Zivilgesetzbuch der Welt, welches auch wirklich im ganzen jeweiligen Staat umgesetzt wurde und tatsächlich funktionierte.

 

Wie(so) ist das ABGB entstanden?

Vor dem ABGB gab es im damals noch viel größeren Österreich kein einheitliches Privatrecht. Stattdessen gab es je nach Region unterschiedliche Zivilgesetze, welche auch oft nicht verschriftlicht, sondern nur gewohnheitsrechtlich gelebt und angewendet wurden. Dementsprechend bestand ab dem 18. Jahrhundert die Bestrebung, für ganz Österreich Rechtssicherheit zu schaffen und ein Zivilgesetzbuch für das ganze Reich zu erstellen.

Ab 1709 wurden erste Kommissionen von Juristen eingerichtet, die das Recht der Länder sammeln und vereinheitlichen sollten. Die damals namhaftesten deutschsprachigen Juristen wirkten an den verschiedenen Etappen und Versuchen am diesem großen Projekt mit. Dennoch waren die Ergebnisse ihrer Arbeit jahrzehntelang nicht zufriedenstellend.

1797 wurde schließlich in der östlichsten Ecke des Habsburgerreiches, in der heutigen Ukraine, ein Entwurf des ABGB probeweise in Geltung gesetzt.

Nach einigen weiteren Überarbeitungen durch Franz von Zeiller und Begutachtung durch Gerichte und Rechtswissenschaftler war dann nach langer Arbeit das ABGB endlich fertig. Nun ist es seit über 210 Jahren in Kraft.


[1] Zur Erklärung als Fußnote einfügen: Privatpersonen, die mit Unternehmern Geschäfte abschließen, ohne dass das Geschäft zum Betrieb eines eigenen Unternehmens gehört. ZB: Amazon Bestellungen, Wurstsemmelkauf beim Billa etc.

[2] Evtl Artikel über Gesetzesinterpretation, Analogie, teleologische Reduktion in fernerer Zukunft

Comentários


bottom of page